Zuerst entstand Tinus. Als Athun ihn nach seinem eigenen Abbild geschaffen hatte, formte er Darma. Sie war von anderem Geschlecht als Tinus. Da sie die ersten waren und allein, gebat ihnen Athun, fruchtbar zu sein und sich zu mehren auf dass sie und ihre Nachkommen Mara bevölkern und sich Pflanzen und Getier, Wind und Wellen, Berge und Täler untertan machen. Tinus und Darma lebten lange und glücklich und zeugten 42 Nachkommen. Diese wiederum schenkten ihnen hunderte Enkel sowie tausende Urenkel und abertausende Ururenkel. Als Tinus und Darma gewahr wurden, dass ihre Aufgabe erfüllt war, zogen sie hinaus in die Wildnis und verbrachten ihren Lebensabend in abgeschiedener Zweisamkeit. Alsbald bauten ihre Nachkommen die ersten Häuser und schon nach wenigen Zyklen entstanden Städte. So enstand das Reich Kiraïl. Schnell wurden einige Menschen Athuns Segen gewahr. Sie gründeten Priesterschaften, zogen sich zurück in ein Leben in Tempeln und Klöstern und erfoschten und lehrten dort die Deutung und Lenkung des göttlichen Segens. Salem Jure ward die größte der Städte im Reiche Kiraïl, daher wählte König Maloso Salem Jure zu seiner Residenz. Malosos Herrschaft dauerte lang. Er war ein guter und gerechter König, Handwerk und Kunst erblühten und die Menschen lebten in Frieden. Gerieten sie dennoch in Zank oder Streit, so sprach Maloso recht. Er war bekannt für seine weisen Urteile. Ein Kummer jedoch betrübte den König. Seine Frau war bei der Geburt des ersten Sohnes Baram verschieden. So suchte sich Maloso nach einjähriger Trauer eine neue Frau und auch diese gebar ihm einen Sohn, Jeeram. Maloso aber verfügte, dass beide Söhne gleichgestellt sein sollten, woraufhin der Ältere in Zorn geriet und den königlichen Palast verließ. Als kurz vor seinem Tode König Maloso in schrecklicher Krankheit dahinsiechte, ereilte die Kunde darüber auch Baram. Dieser kehrte zurück an den königlichen Hof, um dem Vater in seiner schwersten Stunde beizustehen. Daraufhin geriet Jeeram in Rage, denn er war es, der all die Jahre am Hofe gewesen war und dem Vater zu jeder Stunde mit Rat und Tat zur Seite stand. Alsbald nachdem Maloso verschieden war gerieten Baram und Jeeram in heftigen Streit, wer die Thronfolge antreten solle. Baram, der ältere der beiden, beharrte auf seinem Anspruch als Erstgeborener. Jeeram berief sich auf die Weisung des Vaters, beide seien gleichgestellt und da er es war, der lange Jahre schon am Hof wirkte, bei den Menschen wohlbekannt war und nicht wie Baram den Hof verlassen hatte, beanspruchte er seinerseits die Thronfolge. So sehr zankten und stritten die beiden, dass schließlich ein Krieg ausbrach. Viele Jahre lang wüteten Mord und Totschlag, denn keine Seite wollte der anderen auch nur einen Finger breit nachgeben. So kam es, dass Salem Jure nieder brannte und viele andere Städte auch. Und so geschah es, dass Sani, die älteste der Schwestern Barams und Jeerams, älter sogar als Baram und Tochter derselben Mutter, den Entschluß fasste, dass dies nicht der richtige Weg für die Menschen sei. Im Geheimen versammelte sie viele Gegner des Bruderkrieges hinter sich und ließ beide, Baram und Jeeram, hinterrücks ermorden. Sich selbst rief sie daraufhin zur Königin aus. Dies erzürnte die Priesterschaft. Zumal Sani damit begann, die ehemaligen Schulen und Akademien der Kriegskünste umzuwandeln in Lehrakademien, an denen sich von nun an der Lehre und Erforschung des göttlichen Segens gewidmet werden sollte. Dies war und ist jedoch einzig die Aufgabe der Priester, sie allein vermögen es, Athuns Segen zu verstehen und zu lenken. So geschah es, dass Sari die Menschen im ganzen Reich gegen sich aufbrachte, denn niemand wollte eine Frau zum König, die noch dazu eine Brudermörderin war und sich anmaßte, den göttlichen Segen zu beherrschen. Auch fürchteten die Menschen, dass Monster und Untiere das Reich heimsuchen würden, sollten keine Krieger mehr ausgebildet werden. Das Volk stürzte die Königin. Da alle anderen Brüder Barams und Jeerams im Bruderkriege ihr Leben gelassen hatten, und nur der junge Vitus als Erbe der Linie Malosos übrig blieb, wurde dieser zum neuen König ernannt. Jedoch sorgten sich die Priester, dass der junge Vitus, er hatte gerade erst eine Dreieinigkeit erlebt, den Aufgaben eines Königs nicht gewachsen sei. So wählten sie aus den Ihrigen Zwölfe aus, die für fähig erachtet wurden, dem jungen König mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Diese wurden von nun an Friedensrichter genannt und mussten für den Rest ihres Lebens den Privilegien des priesterlichen Lebens entsagen. Dank der aufopferungsvollen Unterstützung der Friedensrichter gelang es Vitus ein Großteil der zerstörten Städte wieder aufzubauen. Auch die einfallenden Horden der Matarr konnten zurückgeschlagen werden und im Osten wurden neue Ländereien für das Reich Kiraïl erschlossen. Wohl wusste Vitus, dass er allein all dies niemals hätte erreichen können. Vitus verfügte, dass stets zwölf Friedensrichter dem König beizustehen haben. Die Priester sollten Sorge tragen, diese Zahl nicht länger als bis zur nächsten Dreieinigkeit zu unterschreiten. Als Zeichen ihrer Zuneigung erhielt Vitus den göttlichen Segen und ward von da an bis an das Ende seiner Tage Vitus der Gesegnete.
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