Einen Zyklus fast regierte Vitus der Gesegnete in Salem Jure das Reich Kiraïl. Als der Zyklus zur Neige ging spürte Vitus, dass auch sein Ende näher kam. Da die Kraft seiner Lenden bereits versiegt war und seine Frauen ihm keine Söhne geschenkt hatten, lud er denn alle seine Nachfahren zum Feste der Dreieinigkeit zu sich nach Salem Jure in den Palast und wollte dort die Nachfolge regeln, noch bevor der neue Zyklus begann.
So begaben sich die Töchter Vitus’ in Begleitung ihrer Familien nach Salem Jure. Viele hatten in einflussreiche Familien geheiratet. Manche gar die Geschwister von Friedensrichtern geehelicht. Nur Naëli blieb unvermählt, denn sie wählte selbst das Leben als Priester und blieb dem Feste im königlichen Palast ob ihrer priesterlichen Pflichten fern.
Im Verborgenen jedoch versammelte Aitor diejenigen Männer und Frauen von Stand als auch Friedensrichter um sich, die nicht durch Heirat Teil der königlichen Familie geworden waren. Er selbst fühlte sich um sein rechtmäßiges Erbe betrogen, da er dem Schoße Talesias entsprang, die jüngste Tochter Malosos war und Aitor somit in direkter Erbfolge Malosos stand. Vitus jedoch hatte bereits früh auf friedensrichterlichen Rat und Beschluß hin die Erblinien Malosos, die nicht der seinigen entsprachen vom Thronanspruch ausschließen lassen und dafür reiche Ländereien, Lehen, Güter und Titel an diese Familien abgetreten. Aitor jedoch hatte seine Söhne und Töchter klug in einflussreiche Häuser vermählt und versammelte diese nun um sich. In Fajaf begannen sie ein Heer zu sammeln, in Salem Jure bestachen sie die Stadtwache und selbst in den Reihen der königlichen Garde gab es viele, die nicht nur dem König zu dienen schienen. Spitzel und Spione hatten sie in die Dienerschaft geschmuggelt und auch die Friedensrichter verloren kein Wort, was dem Kreis der Verschwörer nicht zu Ohren gekommen wäre. Gerade als Mani, Kani und Ilteri Athuns Antlitz vollends bedeckten und die Feierlichkeiten zum Feste der Dreieinigkeit an ihrem Höhepunkt angelangt waren, nahm das Fest ein jähes Ende. Im Schutze der Dunkelheit meuchelten die Verschwörer und ihre Handlanger die königlichen Kinder, deren Familie und Hofstaat. Vitus selbst wurde in ein Verließ geworfen und das Heer machte sich auf von Fajaf, Salem Jure zu besetzen.
So wurde diese Dreieinigkeit von nun an die blutrote Dreieinigkeit genannt und es begann der blutige Zyklus. Diejenigen, die das Massaker überlebten, flohen oder schworen Aitor die Treue. Saioa konnte mit ihren zwei Töchtern entkommen und gelangte im Bauche der Schmuggler Schiffe nach Rodograd. Mit Schätzen, die sie aus Salem Jure retten konnte und hierher mitgebracht hatte, heuerte sie hunderte Ungar an und ließ Schiffe bauen. Auch versprach sie den Ungar Ruhm, Ehre und reiche Beute und ihre Töchter Ainoa und Idoia heirateten mächtige Ungarfürsten. Kaum waren die Schiffe gebaut und bemannt, segelte die Flotte nach Tungu von wo aus die Landnahme begann. Einige hohe Häuser schlossen sich an, so dass ein Heer wuchs. Die besetzte Stadt Salem Jure wurde umstellt und belagert.
Die Priesterschaft sah mit Argwohn, die vielen Ungar im Heer Saioas. Diese gottlosen Ungeheuer nach Salem Jure zu bringen war Gotteslästerung und Hochverrat. Dies wohl wissend beauftragte Aitor im Geheimen die ihm ergebenen Friedensrichter eine Streitmacht der Priester aufzustellen. Große Teile der Priesterschaft jedoch weigerten sich Partei zu ergreifen. Die Friedensrichter Unai und Benat jedoch, die im Dienste Aitors standen, sahen die Weigerung derjenigen Priester als Verrat und verfolgten sie, viele wurden hingerichtet im Namen Athuns und im Namen des Königs.
Naëli sammelte die verbliebenen Prieser um sich und so flohen sie nach Gezerdam. Dort wollten sie Zuflucht finden, da Gezerdam unter dem Schutze Jaspers stand, der ein einflussreicher Kaufmann und Herzog war. Jasper hatte sich bis dato in allen Kampfhandlungen neutral verhalten. Nun jedoch, da Unai, Benat und das Priesterheer drohten Mord und Totschlag nach Gezerdam zu tragen, bemannte er die Zinnen und vertrieb das Priesterheer aus Gezerdam. Die Friedensrichter erklärten Jasper und die seinen daraufhin zum Ketzer. Dies hatte zur Folge, dass die umliegenden Fürstentümer sich abwandten von Jasper. Denn sie waren gute, athungläubige Männer und Frauen und schlossen sich dem Prieserheer an, um gegen die Ungar vor Salem Jure zu ziehen. Naëli sah Jaspers Macht schwinden und damit die wachsende Gefahr für sich und die ihren, die sich nun Freie Priesterschaft nannten. Heimlich verließen sie Gezerdam gen Süden. Kaum waren die freien Priester aus Gezerdam verschwunden, sahen die niederen Fürsten Ihre Gelegenheit. Jasper wurde vergiftet, seine Familie und Getreuen im Schlaf ermordet, in Gezerdam entbrannte ein Bürgerkrieg.
Aitor ließ derweil in Fajaf ein weiteres Söldnerheer anheuern. Er plante, Saioa in den Rücken zu fallen, während diese die Belagerung Salem Jures begann. Ainoa jedoch war mit ihrem Gemahl und seinen Kriegern und Schamanen vom Hauptheer Saioas und den Ungar abgespalten worden und ebenfalls nach Fajaf gezogen. Dort töteten sie die Getreuen Aitors, übernahmen die Stadt und rekrutierten ihrerseits ein Heer Söldlinge. Die Belagerung Salem Jures dauerte an, da trafen Unai und Benat ein. Das nun verstärkte Priesterheer griff umgehend die Belagernden an. Rot färbte sich das Erdreich als Ungar und Priester in einer erbitterten Schlacht aufeinandertrafen.
Als Aitor dem gewahr wurde, wagte er einen Ausfall, um so Saioras Heer in die Flanke zu fallen. Der Kampf tobte mehrere Tage, als eines Morgens Ainoa mit ihren Truppen erschien. Die vor den Mauern kämpfenden Truppen Aitors ließ sie niederreiten und begann damit, die durch die vielen Ausfälle geschwächte Verteidigung der Stadt zu erstürmen. Die Mauern waren löchrig geworden und Aionas Truppen erstürmten die Stadt. Auf den blutigen Feldern vor der Stadt gewann das Priesterheer die Oberhand. Saioas Truppen zogen sich zu Aiona in die Stadt zurück und töteten Aitor woraufhin nun das verbliebene Heer der Priester die Belagerung Salem Jures fortsetzte. Einige Häuser eilten Unai und Benat zur Hilfe, der Belagerungsring um Salem Jure wurde dichter und dichter.
Derweil sah Herzog Calvin seinen Tag gekommen. Er nahm Fajaf im Handstreich und erklärte sich selbst zum König. Ryugen aber besetzte Tungu und kontrollierte damit den Handel gen Osten. Als Unai und Benat dem Treiben Calvins gewahr wurden, teilten sie das Heer. Unai zog gen Fajaf, Benat setzte die Belagerung Salem Jures fort. Zudem wurden sowohl Calvin als auch Ryugen zu Ketzern erklärt und waren somit vogelfrei. Die Ketzer ließen darauf hin Priester und Mönche in ihren Städten hinrichten. In Tungu hatte dies zur Folge, dass sich der Pöbel erhob und die Stadt im Bürgerkrieg versank und schließlich niederbrannte.
Die hohen Häuser nahmen ihrerseits Partei für sich selbst und begannen die Städte, Burgen und Ländereien derer zu plündern, die in den Schlachten gebunden oder gefallen waren. Das ganze Land verfiel in einen Bürgerkrieg. Die Belagerung Fajafs hielt noch zwei weitere Dreieinigkeiten an, bis ein riesiges Heer aus halb verhungerten Bauern, Vagabunden und Tagelöhnern mit Sensen und Forken bewaffnet über Unais Truppen herfiel. Wacker fochten die Priester und für jeden von ihnen fielen zehn der Ketzer von niederer Geburt, doch des Pöbel waren so viele, dass das Belagerungsheer Unais der schieren Menge nicht standhalten konnte. Calvin jedoch wartete bis das Kampfgetümmel abgeebbt war und ließ von den Mauern Feuer auf die Überlebenden regnen.
Als Benat vom Untergang Unais erfuhr, verdoppelte er die Anstrengungen, das besetzte Salem Jure von den athunlosen Frevlern zu befreien. Bis zur Erschöpfung begannen die Priester damit, mächtige Feuerbälle gegen die Mauer zu schleudern. Große Teile der Stadt gingen in Flammen auf. Saioa sah, dass das Ende nah war und sammelte ihr Heer um sich. Ungarschamanen sprengten eine riesige Bresche in die Mauern der Stadt. In schnellem Gallop wurden die Angreifer vor der Bresche niedergeritten und Saioa führte ihr Heer gen Tungu. Benat besetzte nun Salem Jure. Auf dem Weg nach Tungu raubten und brandschatzten die Frevler entlang des Weges, doch viele der kriegsgeplagten niederen Standes schlossen sich dem Feldzug an. So geschah es dass kaum eine Dreieinigkeit später Saioa mit einem erstarktem Heer vor Tungu stand, dem Bürgerkrieg ein Ende setzte und sich selbst zur Herzogin von Tungu ausrief und mit dem Wiederaufbau der Stadt begann.
Weder Benat noch Saioa konnten den plündernd durchs Land streifenden Fürsten Einhalt gebieten. So zerfiel das Land in Splitter. Jeder und Jede, die auch nur über den Hauch eines Heeres verfügten nahmen sich was sie konnten und versuchten die schwächeren Nachbarn zu unterjochen. Die Menschen flohen in die Städte. Jeden Tag wuchsen die Ströme an Flüchtlingen, die die vermeintliche Sicherheit der großen Städte suchten.
Naëli erhielt die Kunde über den Zerfall des Reiches im Exil und konnte nicht glauben was sie hörte. So schloß sie sich ein in eine Kammer. Sechs volle Tage betete sie ununterbrochen und erbat Athuns göttlichen Ratschlag. Weder aß noch trank sie in dieser Zeit. Nur selten schlief sie. Athun in seiner Weisheit sandte ihr Visionen, das Reich neu zu errichten nach seinem Geheiß. Zum Beweis seiner Fügung sandte Athun ihr einen Daeva und eine Zeythai, diese sollten sie beraten. So sammelte sie die Priester um sich und verkündete Athuns Worte.
Angetan von der Kunde wuchs ihr Gefolge rasch und schließlich machte sie sich auf, die Kunde ins Land zu tragen. Bis Gezerdam zählte ihr Gefolge bereits Tausende und Gezerdam sowie die umliegenden Ländereien, noch immer zerfressen von Bürgerkrieg wurden befriedet. Ein Teil des Gefolges ließ sich hier nieder und ein Vertrauter Naëlis sollte als Statthalter fungieren im Namen Athuns. Als sie vor Salem Jure ankam, folgten ihr bereits abertausende Männer und Frauen, das größte Heer, was jemals in Kiraïl gesehen worden war. Angesichts dieser Übermacht übergab Benat die Stadt kampflos und erneuerte seinen Schwur, Athun zu dienen. Bereitwillig unterzog er sich Naëlis Prüfungen und zum Lohn blieb er Statthalter Athuns in Salem Jure. Die Zeythai jedoch, die Athun Naëli gesandt hatte, sollte ebenfalls in Salem Jure bleiben und Benat als Beraterin in allen Belangen dienen.
Wie Salem Jure unterwarfen sich im Laufe der Jahre fast alle Städte, Herzöge und Fürsten der Gesandten Athuns. Naëli unterteilte das Reich in zwölf Diözesen und diese wiederum in jeweils zwölf Sprengel. Einer jeden Diözese und einem jeden Sprengel wurde ein Priester als Statthalter Athuns vorangestellt. Sie selbst wählte Tungu als ihre eigene Diözese, da dies die letzte Stadt war, die befriedet wurde. Zur Unterscheidung wurden die Priester, die einem Sprengel vorstanden nun Richter genannt, die einer Diözese Friedensrichter. Ein Konsistorium sollte von nun an abgehalten werden zu jeder Dreieinigkeit ein jedes Mal in einer anderen Diözese, so dass in einem Zyklus jedem Friedensrichter einmal die Ehre zuteil wurde, das Konsistorium zu beherbergen. Das erste Konsistorium wurde in Tungu abgehalten und es war gleichzeitig das Ende des blutigen Zyklus. Naëli war bereits in einem sehr hohen Alter, so nutzte sie dieses Konsistorium, die Weisungen Athuns für alle Zeiten in Gesetze festzuschreiben, die von nun an geltendes Recht in Athuns Reich sein sollten. Zum zweiten Konsistorium jedoch war Naëli bereits im Lichte aufgegangen.